Sektorenkopplung
1. Beschleunigter Ausbau erneuerbarer Energien (Strombasis):
- Massiver Zubau von Wind- und Solaranlagen: Dies ist die absolute Grundvoraussetzung. Ohne ausreichend günstigen grünen Strom können die Sektoren Wärme und Verkehr nicht effizient dekarbonisiert werden. Die Ausbauziele müssen nicht nur ambitioniert sein, sondern auch konsequent umgesetzt werden.
- Netzausbau und -optimierung: Der Strom muss dorthin gelangen, wo er gebraucht wird. Das bedeutet einen massiven Ausbau und eine Modernisierung der Stromnetze, um die fluktuierende Einspeisung aus Wind und Sonne zu bewältigen.
- Flexibilität im Stromsystem:
- Speichertechnologien: Ausbau von Batteriegroßspeichern, aber auch Power-to-X-Technologien (Umwandlung von Strom in Wasserstoff, synthetische Gase oder Flüssigkeiten) zur Speicherung und Transport von Energie.
- Lastmanagement/Demand-Side-Management: Intelligente Steuerung von Verbrauchern (z.B. Wärmepumpen, Elektroautos) zur Anpassung an das Stromangebot. Dynamische Stromtarife spielen hier eine wichtige Rolle, um Anreize für flexiblen Verbrauch zu schaffen.
2. Transformation des Wärmesektors:
- Wärmepumpenoffensive: Massiver Einbau von Wärmepumpen in Gebäuden, sowohl im Neubau als auch im Bestand. Dies erfordert auch eine energetische Sanierung vieler Gebäude, um die Effizienz der Wärmepumpen zu gewährleisten.
- Ausbau von Wärmenetzen mit erneuerbarer Wärme: Nah- und Fernwärmenetze, die durch Geothermie, Solarthermie, industrielle Abwärme oder Großwärmepumpen gespeist werden.
- Power-to-Heat: Nutzung von überschüssigem Strom zur Wärmeerzeugung in Großwärmepumpen oder Elektrodenkesseln für Wärmenetze.
- Rolle von grünem Gas/Wasserstoff: Dort, wo eine direkte Elektrifizierung schwierig ist (z.B. in bestimmten Industriezweigen oder im Schwerlastverkehr), kann grüner Wasserstoff oder aus ihm erzeugte synthetische Gase eine Rolle spielen.
3. Dekarbonisierung des Verkehrssektors:
- Elektrifizierung des Personenverkehrs: Massiver Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektroautos und Anreize für deren Kauf.
- Elektrifizierung des Schienenverkehrs: Weiterer Ausbau und Elektrifizierung des Bahnnetzes.
- Grüner Wasserstoff und E-Fuels für schwer zu elektrifizierende Bereiche: Insbesondere im Schwerlastverkehr (Lkw, Busse), in der Schifffahrt und im Flugverkehr sind Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe (E-Fuels), die aus erneuerbarem Strom erzeugt werden, entscheidend. Hierfür müssen entsprechende Produktionskapazitäten und Infrastrukturen aufgebaut werden.
- Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und des Radverkehrs: Reduzierung des individuellen motorisierten Verkehrs.
4. Politische und regulatorische Rahmenbedingungen:
- Konsistente Förderpolitik: Langfristige und verlässliche Förderprogramme für den Ausbau erneuerbarer Energien, Speicher und Sektorenkopplungstechnologien.
- Entbürokratisierung: Vereinfachung von Genehmigungsverfahren für alle relevanten Projekte (Windparks, Solaranlagen, Elektrolyseure, Wärmenetze, Ladeinfrastruktur). Der Erfolg der Balkonkraftwerke zeigt, was Bürokratieabbau bewirken kann.
- Anreize durch CO2-Preise: Ein adäquater CO2-Preis, der die Nutzung fossiler Energieträger unattraktiv macht und Anreize für grüne Alternativen schafft. Gleichzeitig müssen die Einnahmen aus dem CO2-Preis sinnvoll reinvestiert werden, z.B. zur Senkung der Strompreise.
- Reform des Abgaben- und Umlagensystems: Strom, der in der Sektorenkopplung genutzt wird (z.B. für Wärmepumpen oder Elektrolyseure), sollte von übermäßigen Abgaben befreit werden, um die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen und Strom im Vergleich zu fossilen Energieträgern attraktiver zu machen.
- Schaffung von Flexibilitätsmärkten: Märkte, die Anreize für die Bereitstellung von Flexibilität durch Sektorenkopplung bieten, z.B. durch die Möglichkeit, Strom günstig zu beziehen, wenn viel erneuerbare Energie im Netz ist.
- Investitionssicherheit und Planungssicherheit: Unternehmen benötigen langfristige Perspektiven und verlässliche Rahmenbedingungen, um die notwendigen Milliardeninvestitionen zu tätigen.
5. Forschung und Entwicklung:
- Innovationen fördern: Weiterentwicklung von Technologien für die Sektorenkopplung, z.B. effizientere Elektrolyseure, fortschrittliche Speicherlösungen, neue Power-to-X-Verfahren.
Der Zusammenschluss der Sektoren ist ein komplexes Unterfangen, das eine integrierte Denkweise erfordert und alle Akteure – Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Bürger – einbeziehen muss. Es geht darum, ein gesamtes Energiesystem neu zu denken und zu gestalten, um die Klimaziele kosteneffizient und resilient zu erreichen.