Regelungen und Diskussionen zum Thema Balkonkraftwerke

Die Diskussionen und Streitigkeiten um Balkonkraftwerke (oder Stecker-Solargeräte) in Deutschland haben in den letzten Jahren stark zugenommen, da die Beliebtheit dieser kleinen PV-Anlagen exponentiell gestiegen ist. Glücklicherweise gab es in jüngster Zeit wichtige Gesetzesänderungen und Klarstellungen, die die Situation für Mieter und Wohnungseigentümer erheblich verbessert haben.

Aktueller Stand der Regelungen und Diskussionen (ab 2024/2025):

  1. Privilegierung im Miet- und Wohnungseigentumsrecht (seit Mai 2024 in Kraft):

    • Wichtigste Änderung: Balkonkraftwerke gelten nun als "privilegierte bauliche Veränderung" im Mietrecht (§ 554 BGB) und im Wohnungseigentumsgesetz (WEG).
    • Was bedeutet das für Mieter? Mieter haben jetzt einen rechtlichen Anspruch auf die Zustimmung des Vermieters zur Installation eines Balkonkraftwerks. Der Vermieter darf die Zustimmung nicht mehr ohne triftigen Grund verweigern.
    • Was bedeutet das für Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG)? Auch hier gilt: Die WEG kann die Installation durch einen einzelnen Eigentümer nicht mehr ohne triftigen Grund ablehnen. Ein einfacher Mehrheitsbeschluss reicht nicht aus, um ein Verbot aufrechtzuerhalten, wenn kein "triftiger Grund" vorliegt.
    • Triftige Gründe: Was ein "triftiger Grund" ist, bleibt in der Praxis oft ein Streitpunkt, aber die Hürden dafür sind hoch. Beispiele könnten sein:
      • Erhebliche optische Beeinträchtigung des Gebäudes (z.B. bei denkmalgeschützten Gebäuden oder stark abweichender Optik).
      • Sicherheitsbedenken (z.B. Statik des Balkons, Brandschutz), die fachgerecht begründet und nicht nur pauschal behauptet werden. Der Mieter muss eine fachgerechte und sichere Installation gewährleisten.
      • Notwendige bauliche Veränderungen am Gebäude, die über die reine Anbringung am Balkongeländer hinausgehen.
  2. Erhöhung der Leistungsgrenze (seit Mai 2024 in Kraft):

    • Die maximal erlaubte Einspeiseleistung des Wechselrichters (der das Solarmodul mit dem Stromnetz verbindet) wurde von 600 Watt auf 800 Watt angehoben.
    • Die maximale Modulleistung der Solarmodule (also die Summe der Nennleistung aller Module) darf bis zu 2000 Watt Peak (Wp) betragen. Der Wechselrichter drosselt dann die Einspeisung auf die erlaubten 800 Watt. Dies ermöglicht eine bessere Ausbeute bei schlechten Lichtverhältnissen.
  3. Vereinfachte Anmeldung (seit April 2024 in Kraft):

    • Es ist nur noch eine vereinfachte Anmeldung im Marktstammdatenregister (MaStR) der Bundesnetzagentur erforderlich.
    • Die zusätzliche Anmeldung beim lokalen Netzbetreiber ist entfallen, da die Bundesnetzagentur diese automatisch informiert.
    • Die Anmeldung im MaStR ist innerhalb eines Monats nach Inbetriebnahme vorzunehmen und erfordert nur wenige Angaben (meist 5).
  4. Zähler- und Steckertypen:

    • Alte Ferraris-Zähler (mit Drehscheibe): Sind weiterhin erlaubt und dürfen "rückwärts laufen". Dies ist jedoch nur eine Übergangsphase. Der Einbau intelligenter Messsysteme (Smart Meter) ist bis 2032 deutschlandweit geplant.
    • Schuko-Stecker: Der einfache Schutzkontakt-Stecker (Schuko) ist weiterhin für den Anschluss erlaubt und wird durch eine neue Produktnorm voraussichtlich Mitte 2025 nochmals untermauert. Ein teurerer Wieland-Stecker ist nicht zwingend vorgeschrieben.
  5. Mehrwertsteuerbefreiung:

    • Seit 2023 gilt für Kauf und Installation von PV-Anlagen (einschließlich Balkonkraftwerken) ein Umsatzsteuersatz von 0 Prozent. Dies gilt auch noch für 2025.

Was Mieter dürfen (zusammengefasst):

  • Anspruch auf Genehmigung: Mieter haben einen gesetzlichen Anspruch auf die Genehmigung durch den Vermieter (oder die WEG), solange keine triftigen Gründe (s.o.) dagegen sprechen.
  • Anzeigepflicht: Mieter müssen ihren Wunsch zur Installation des Balkonkraftwerks dem Vermieter (oder der WEG) rechtzeitig anzeigen. Ein formloses Anschreiben mit Informationen zur Anlage ist in der Regel ausreichend.
  • Leistung: Sie dürfen ein Balkonkraftwerk mit bis zu 800 Watt Einspeiseleistung betreiben und eine Modulleistung von bis zu 2000 Wp installieren.
  • Anmeldung: Sie müssen das Balkonkraftwerk im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur registrieren.
  • Installation: Die Installation muss fachgerecht und sicher erfolgen. Bei der Anbringung am Balkongeländer ist dies oft selbst durchführbar, aber bei Unsicherheiten sollte ein Elektriker hinzugezogen werden.
  • Kosten: Die Kosten für Anschaffung, Installation und Wartung trägt der Mieter.
  • Entfernung bei Auszug: Beim Auszug müssen Mieter die Anlage in der Regel abbauen und mitnehmen. Wurde eine neue Balkonsteckdose installiert, kann der Vermieter keinen Rückbau dieser fordern.

Streit und Klagen:

Obwohl die Gesetzeslage nun deutlich mieterfreundlicher ist, kommt es immer noch zu Streitigkeiten und Klagen. Diese entstehen oft, wenn Vermieter oder WEGs aus Unwissenheit oder prinzipiellen Gründen die Zustimmung verweigern oder unbegründete Auflagen machen.

  • Einige Gerichtsentscheidungen vor der Gesetzesänderung waren noch restriktiver, da die "Privilegierung" noch nicht bestand.
  • Aktuelle Fälle drehen sich oft um die Auslegung der "triftigen Gründe" oder um die konkrete Ausgestaltung der Installation (z.B. Optik). Organisationen wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) unterstützen Mieter weiterhin in Musterklagen, um Klarheit zu schaffen und die Rechte der Mieter durchzusetzen (wie aktuell im Fall gegen Vonovia).

Fazit:

Die neuen Regelungen sind ein Meilenstein für die Verbreitung von Balkonkraftwerken und stärken die Rechte der Mieter erheblich. Die Hürden für die Installation sind gesunken und die rechtliche Position der Mieter ist deutlich besser. Dennoch bleibt die Kommunikation mit dem Vermieter/der WEG wichtig, um Missverständnisse zu vermeiden und eine einvernehmliche Lösung zu finden.

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