Kriegsgerät statt Klimaschutz – wohin geht das Geld?
Die "Zeitenwende" und erhöhte Militärausgaben:
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100 Milliarden Euro Sondervermögen: Nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs hat die Bundesregierung ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr beschlossen, um die Streitkräfte zu modernisieren und die Verteidigungsfähigkeit zu stärken. Dieses Sondervermögen wird zusätzlich zum regulären Verteidigungshaushalt genutzt.
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Regulärer Verteidigungshaushalt: Auch der reguläre Verteidigungshaushalt wird in den kommenden Jahren deutlich erhöht. Es ist geplant, das 2-Prozent-Ziel der NATO, also 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung auszugeben, dauerhaft zu erreichen und mittelfristig sogar auf 3,5 Prozent des BIP bis 2029 zu steigern. Dies würde den Verteidigungsetat auf bis zu 152,8 Milliarden Euro anwachsen lassen.
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Ausnahmen von der Schuldenbremse: Für die Finanzierung der steigenden Verteidigungsausgaben wird die Schuldenbremse teilweise außer Kraft gesetzt, was bedeutet, dass der Staat mehr Kredite aufnehmen kann.
Die Sorge um den Klimaschutz:
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Verdrängungseffekte: Die Hauptkritik besagt, dass diese massiven zusätzlichen Ausgaben für Rüstung in Konkurrenz zu dringend benötigten Investitionen in den Klimaschutz, die soziale Infrastruktur oder Bildung stehen könnten. Geld, das für Panzer und Flugzeuge ausgegeben wird, kann nicht gleichzeitig in Windräder, Solaranlagen, Wärmepumpen oder öffentliche Verkehrsmittel fließen.
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Wirtschaftlicher Nutzenvergleich: Studien (z.B. von Greenpeace beauftragt) argumentieren, dass Investitionen in das Militär deutlich weniger Arbeitsplätze und volkswirtschaftliches Wachstum schaffen als Investitionen in Bereiche wie Umweltschutz, Gesundheit und Bildung. Sie zeigen, dass die Rüstungsausgaben in Deutschland seit 2014 im Vergleich zum Wirtschaftswachstum übermäßig stark gestiegen sind, während sich die Investitionen in den Umweltschutz kaum verändert haben.
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"Fossiler Lock-in": Die Energiekrise hat kurzfristig auch zu einer verstärkten Nutzung fossiler Energieträger geführt, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten (z.B. durch Reaktivierung von Kohlekraftwerken). Dies wird als Rückschlag für den Klimaschutz gesehen.
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Verwässerung von Nachhaltigkeitskriterien: Es gibt auch eine Debatte darüber, ob Rüstungsinvestitionen unter bestimmten Umständen als "nachhaltig" eingestuft werden sollten, was von vielen Umwelt- und Ethikbanken scharf kritisiert wird.
Wohin das Geld fließt – die Realität der Verteilung:
Es ist wichtig zu verstehen, dass die Budgets für Rüstung und Klimaschutz aus unterschiedlichen Töpfen kommen und politisch unterschiedlich priorisiert werden.
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Militärausgaben: Das Sondervermögen und der erhöhte Wehretat fließen primär in die Beschaffung von neuem Material (Flugzeuge, Schiffe, Panzer, Munition, Drohnen), in die Modernisierung der bestehenden Ausrüstung und in die personelle Ausstattung der Bundeswehr. Beispiele sind die Beschaffung von F-35 Kampfjets, der Bau von Korvetten oder die Nachrüstung bestehender Systeme. Ein Teil geht auch in die Forschung und Entwicklung im Rüstungsbereich.
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Klimaschutzinvestitionen:
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Staatliche Förderung: Gelder fließen in Förderprogramme für erneuerbare Energien (EEG-Umlage, wenn auch gesenkt), Energieeffizienzmaßnahmen (Gebäudesanierung, Wärmepumpen), Elektromobilität, Forschung und Entwicklung im Bereich sauberer Technologien (Wasserstoff, Speicher) und den Ausbau der Stromnetze.
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Privatwirtschaftliche Investitionen: Ein Großteil der Investitionen in den Klimaschutz kommt aus der Privatwirtschaft. Unternehmen investieren in neue PV-Anlagen, Windparks, E-Fahrzeuge, energieeffiziente Produktion etc., oft angereizt durch staatliche Förderungen und politische Rahmenbedingungen (z.B. CO2-Preis, Erneuerbare-Energien-Gesetz).
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Klima- und Transformationsfonds (KTF): Dies ist ein zentraler staatlicher Fonds zur Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen und der Transformation der Wirtschaft. Er wird u.a. aus den Einnahmen des CO2-Preises gespeist.
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EU-Ebene: Auch auf EU-Ebene fließen erhebliche Mittel in den Klimaschutz (z.B. aus dem "European Green Deal" und dem Emissionshandel).
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Fazit:
Es ist korrekt, dass Deutschland seit dem Ukraine-Krieg massiv in die Verteidigung investiert. Diese Priorisierung ist eine direkte Reaktion auf die veränderte sicherheitspolitische Lage in Europa.
Die Befürchtung, dass dies zu Lasten des Klimaschutzes geht, ist nachvollziehbar, da finanzielle Ressourcen endlich sind. Allerdings ist es keine einfache "entweder-oder"-Situation. Die Bundesregierung betont, dass sowohl die Verteidigungsfähigkeit als auch der Klimaschutz hohe Priorität haben und beide parallel vorangetrieben werden sollen.
Dennoch gibt es einen intensiven Wettbewerb um knappe Haushaltsmittel, und jede zusätzliche Ausgabe im einen Bereich kann potenziell Spielräume in anderen Bereichen einschränken. Die konkrete Umverteilung oder Priorisierung hängt letztlich von politischen Entscheidungen und der Entwicklung der jeweiligen Krisen ab. Die Debatte wird daher weiterhin intensiv geführt werden.