Netzausbaukosten behindern die Energiewende

1. Finanzierung und Kostenverteilung:

  • Reform der Netzentgelte: Die Bundesnetzagentur hat bereits eine Reform der Netzentgelte angekündigt und teilweise umgesetzt (ab 2025). Ziel ist es, die Kosten gerechter zu verteilen, insbesondere in Regionen mit starkem Ausbau erneuerbarer Energien, wo die Netzentgelte oft besonders hoch sind. Die Energiewende ist eine Gemeinschaftsaufgabe, daher sollen die Kosten für den Netzausbau stärker auf alle Netznutzer bundesweit umgelegt werden.

  • Staatliche Finanzierung: Eine verstärkte staatliche Finanzierung des Netzausbaus wird diskutiert. Dies könnte als Teil der Daseinsvorsorge angesehen werden, ähnlich wie der Bau von Straßen und Schulen. Der Bund könnte sich stärker an den Übertragungsnetzbetreibern beteiligen (was teilweise bereits der Fall ist, z.B. bei 50Hertz und TransnetBW) und so seine günstigeren Finanzierungskonditionen an die Netzbetreiber weitergeben, was die Netzkosten senken könnte.

  • Langfristige Finanzierungsstrategien: Angesichts des enormen Investitionsbedarfs (geschätzt über 600 Milliarden Euro bis 2045, davon über 85% für Stromnetze) sind langfristige und stabile Finanzierungsmodelle notwendig, die private und öffentliche Investitionen bündeln.

2. Beschleunigung des Netzausbaus und Effizienzsteigerung:

  • Verkürzung von Planungs- und Genehmigungsverfahren: Lange Genehmigungsverfahren sind ein großes Problem. Gesetze wie das Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) und das Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) sollen hier Abhilfe schaffen, indem sie Verfahren vereinfachen und beschleunigen. Dazu gehört auch, Klagen gegen große Vorhaben beim Bundesverwaltungsgericht zu bündeln.

  • Optimierung und Verstärkung bestehender Netze: Bevor neue Trassen gebaut werden, sollten bestehende Netze optimal ausgenutzt werden. Maßnahmen hierfür sind:

    • Witterungsabhängiger Freileitungsbetrieb (Freileitungsmonitoring): Bessere Auslastung der Leitungen je nach Wetterbedingungen.

    • Einsatz von Hochtemperaturleiterseilen (HTL/HTLS): Diese können höhere Ströme bei gleichen Querschnitten transportieren.

    • Spannungserhöhung: Umstellung von 220 kV auf 380 kV, um mehr Leistung zu übertragen.

    • Topologiemaßnahmen: Stromflusssteuerung und -regelung zur effizienteren Nutzung.

    • Aufflage zusätzlicher Stromkreise auf bestehende Gestänge.

  • Intelligente Netztechnologien (Smart Grids): Durch Digitalisierung und Automatisierung können Netze flexibler und effizienter betrieben werden. Dazu gehören:

    • Intelligentes Lastmanagement: Verbraucher passen ihren Stromverbrauch an die Netzkapazität an.

    • Sektorkopplung: Die Integration von Strom-, Wärme- und Verkehrssektor kann Lastspitzen ausgleichen.

    • Einsatz von Speichern: Batteriespeicher und Pumpspeicherkraftwerke können überschüssigen Strom aufnehmen und bei Bedarf wieder abgeben, was den Netzausbaubedarf reduzieren kann.

  • Standortplanung von Erzeugungskapazitäten und Verbrauchern: Eine stärkere Steuerung der Ansiedlung von Kraftwerken (insbesondere erneuerbaren Energien) und Großverbrauchern kann dazu beitragen, den Netzausbaubedarf zu minimieren. Beispielsweise sollten Erzeugungsanlagen möglichst nah an Verbrauchsschwerpunkten gebaut werden, um lange Transportwege zu vermeiden. Eine engere Verzahnung von Stromerzeugung und Netzausbauplanung ist hier entscheidend.

  • Nutzung vorhandener Trassen: Wo immer möglich, sollten neue Leitungen in bestehenden Trassenkorridoren geplant werden, um neue Eingriffe in die Landschaft zu vermeiden und Akzeptanzprobleme zu reduzieren.

  • Erdkabel-Vorrang: Bei großen Nord-Süd-Trassen wird der Bau von Erdkabeln bevorzugt, was zwar teurer ist, aber die Akzeptanz in der Bevölkerung deutlich erhöht und somit Planungsverfahren beschleunigen kann.

3. Akzeptanz und gesellschaftliche Teilhabe:

  • Bürgerbeteiligung: Eine frühe und transparente Einbindung der Öffentlichkeit in Planungsprozesse kann die Akzeptanz für Netzausbauprojekte erhöhen und Widerstände reduzieren.

  • Entschädigungsregelungen: Faire Entschädigungen für betroffene Land- und Forstwirte können ebenfalls zur Akzeptanz beitragen.

4. Reduzierung von Redispatch-Kosten:

  • Die Kosten für das Netzengpassmanagement (Redispatch), also das Hoch- oder Herunterfahren von Kraftwerken zur Stabilisierung des Netzes bei Engpässen, sind ein erheblicher Kostenfaktor. Ein beschleunigter Netzausbau und die oben genannten Maßnahmen zur Netzoptimierung können diese Kosten reduzieren.

Ein Mix aus regulatorischen Anpassungen, Investitionen in intelligente Technologien, effizienteren Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie einer besseren räumlichen Steuerung von Erzeugung und Verbrauch ist notwendig, um die Netzausbaukosten in den Griff zu bekommen und die Energiewende weiterhin erfolgreich voranzutreiben.

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