Klimaschutzbereitschaft in Deutschland ist komplex sinkt aber
Woher kommt das Nachlassen der Klimaschutzbereitschaft?
- Sozioökonomische Belastungen und Krisen: Die multiplen Krisen der letzten Jahre – Pandemie, Ukraine-Krieg, Energiekrise, Inflation – haben die Prioritäten vieler Menschen verschoben. Wirtschaftliche Sorgen und die Angst vor steigenden Kosten können den Fokus vom Klimaschutz ablenken. Klimaschutzmaßnahmen, die als zusätzliche Belastung wahrgenommen werden, stoßen möglicherweise auf mehr Widerstand.
- Wahrgenommene Ungerechtigkeit und soziale Schieflagen: Wenn Klimaschutzmaßnahmen als sozial ungerecht empfunden werden, beispielsweise wenn sie einkommensschwächere Haushalte unverhältnismäßig stark belasten, kann dies die Akzeptanz untergraben. Die Debatte um das Heizungsgesetz ist ein Beispiel dafür, wie Maßnahmen, die als Eingriff in das Eigentum und als teuer wahrgenommen werden, zu Verunsicherung und Ablehnung führen können.
- Müdigkeit und Frustration: Nach Jahren der Klimadebatte und teils zögerlicher Politik kann bei einigen Menschen eine Art "Klimamüdigkeit" eintreten. Das Gefühl, dass die Bemühungen nicht ausreichen oder die Politik zu langsam handelt, kann zu Frustration und Resignation führen.
- Polarisierung und Ideologisierung der Debatte: Die Klimadebatte ist zunehmend polarisiert und ideologisch aufgeladen. Dies kann dazu führen, dass sich Menschen in bestimmten politischen Lagern weniger für Klimaschutz engagieren oder Maßnahmen ablehnen, die von anderen politischen Gruppen befürwortet werden.
- Fokus auf kurzfristige Bedürfnisse: In unsicheren Zeiten neigen Menschen dazu, kurzfristigen Bedürfnissen und dem Erhalt des eigenen Lebensstandards mehr Priorität einzuräumen als langfristigen Zielen wie dem Klimaschutz.
- Wirkung von Desinformation und Leugnung: Obwohl die wissenschaftliche Basis des Klimawandels breit akzeptiert ist, gibt es weiterhin Akteure, die Desinformationen verbreiten und die Notwendigkeit oder Dringlichkeit von Klimaschutzmaßnahmen in Frage stellen. Dies kann die öffentliche Meinung beeinflussen.
- Psychologische Distanzierung: Der Klimawandel wird oft als ein Problem der fernen Zukunft oder anderer Regionen wahrgenommen. Diese psychologische Distanzierung kann die Dringlichkeit und die persönliche Betroffenheit reduzieren.
- Inkonsistente Politik und fehlende klare Führung: Wenn die Klimapolitik als unentschlossen, widersprüchlich oder ineffektiv wahrgenommen wird, kann dies das Vertrauen in die Fähigkeit der Politik untergraben, das Problem zu lösen, und somit die Bereitschaft der Bürger schmälern, eigene Beiträge zu leisten.
- Ausbleibende unmittelbare positive Effekte: Die positiven Auswirkungen vieler Klimaschutzmaßnahmen sind oft langfristiger Natur und nicht sofort spürbar. Dies kann es erschweren, die Notwendigkeit und den Nutzen dieser Maßnahmen zu vermitteln.
Warum lassen wir nach?
Das "Nachlassen" ist nicht unbedingt ein genereller Rückgang des Problembewusstseins, sondern kann sich eher in einer abnehmenden Bereitschaft zu konkreten Verhaltensänderungen oder der Akzeptanz von einschränkenden Maßnahmen äußern. Dies kann folgende Gründe haben:
- Fehlende Anreize und Unterstützung: Wenn der Übergang zu klimafreundlichem Verhalten nicht ausreichend unterstützt oder finanziell gefördert wird, kann dies insbesondere für Menschen mit geringerem Einkommen eine Hürde darstellen.
- Gewohnheit und Bequemlichkeit: Veränderungen des eigenen Lebensstils erfordern Anstrengung und den Bruch mit Gewohnheiten. Wenn klimafreundliche Alternativen nicht einfach zugänglich oder attraktiv genug sind, fällt die Umstellung schwer.
- Gefühl der Ohnmacht: Einzelne Bürger können sich angesichts der globalen Dimension des Klimawandels ohnmächtig fühlen und den Eindruck haben, dass ihre individuellen Bemühungen kaum einen Unterschied machen.
- Widersprüchliche Signale: Wenn Politik und Wirtschaft nicht mit gutem Beispiel vorangehen oder widersprüchliche Signale aussenden (z.B. Subventionen für fossile Brennstoffe), kann dies die Motivation der Bürger schwächen.
Was tun, um die Klimaschutzbereitschaft wieder zu stärken?
- Faire und sozial ausgewogene Politik: Klimaschutzmaßnahmen müssen so gestaltet sein, dass sie sozial gerecht sind und niemanden überfordern. Entlastungen für einkommensschwache Haushalte und der Abbau klimaschädlicher Subventionen sind entscheidend.
- Positive Kommunikation und Anreize: Der Fokus sollte stärker auf den Chancen und positiven Auswirkungen des Klimaschutzes liegen (z.B. neue Arbeitsplätze, gesündere Umwelt, technologische Innovationen) und Anreize für klimafreundliches Verhalten geschaffen werden.
- Stärkung des Vertrauens in Politik und Institutionen: Eine transparente, konsistente und effektive Klimapolitik, die klare Ziele und Maßnahmen verfolgt, ist entscheidend, um das Vertrauen der Bürger zurückzugewinnen.
- Förderung von Bürgerbeteiligung: Die Einbindung der Bürger in die Gestaltung der Klimapolitik kann die Akzeptanz erhöhen und ein Gefühl der Mitverantwortung stärken.
- Bildung und Aufklärung: Kontinuierliche und verständliche Informationen über die Ursachen und Folgen des Klimawandels sowie über die Möglichkeiten des Klimaschutzes sind wichtig, um das Bewusstsein und die Dringlichkeit zu vermitteln.
- Vorbildfunktion: Politik und Wirtschaft müssen mit gutem Beispiel vorangehen und ambitionierte Maßnahmen umsetzen.
- Unterstützung von Innovationen und technologischen Lösungen: Die Förderung von Forschung und Entwicklung klimafreundlicher Technologien kann neue Perspektiven eröffnen und die Notwendigkeit von Verhaltensänderungen in einigen Bereichen reduzieren.
- Hervorhebung der lokalen Auswirkungen: Die Verbindung des globalen Klimawandels mit konkreten lokalen Auswirkungen (z.B. Hitzewellen in der eigenen Stadt, Schäden durch Extremwetterereignisse) kann die persönliche Betroffenheit erhöhen.