Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen (HGÜ)
1. SuedLink
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Zweck: SuedLink ist das zentrale Rückgrat der Energiewende und soll vorrangig Windstrom aus dem windreichen Norden (Schleswig-Holstein, Niedersachsen) zu den großen Verbrauchszentren in Süddeutschland transportieren, insbesondere nach Baden-Württemberg und Bayern.
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Betreiber: Das Projekt wird gemeinsam von den Übertragungsnetzbetreibern TenneT TSO GmbH (im Norden) und TransnetBW GmbH (im Süden) realisiert.
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Verlauf: Die Trasse beginnt im Norden in den Regionen Brunsbüttel und Wilster (Schleswig-Holstein) bzw. Heide (Schleswig-Holstein) und Wewelsfleth (Schleswig-Holstein). Von dort verläuft sie in zwei Strängen nach Süden zu den Endpunkten Bergrheinfeld/West (Bayern) und Großgartach/Leingarten (Baden-Württemberg).
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Länge: Die gesamte Länge von SuedLink beträgt rund 700 Kilometer.
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Technologie:
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SuedLink ist eine Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitung (HGÜ). Diese Technologie ist für den Transport großer Strommengen über weite Strecken effizienter und verlustärmer als das herkömmliche Wechselstromnetz.
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Entscheidend ist der Erdkabel-Vorrang: SuedLink wird (fast) vollständig als Erdkabel verlegt. Dies war ein entscheidender Kompromiss, um die Akzeptanz in der Bevölkerung und der Politik zu erhöhen, da oberirdische Freileitungen mit Masten auf erheblichen Widerstand stießen.
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Die Übertragung erfolgt mit einer Spannung von Kilovolt (kV).
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An den Endpunkten der Trasse (Brunsbüttel, Wilster, Bergrheinfeld/West, Großgartach/Leingarten) werden Konverterstationen gebaut. Diese wandeln den im Norden erzeugten Wechselstrom in Gleichstrom für den Transport um und im Süden den Gleichstrom wieder in Wechselstrom für die Einspeisung ins Verteilnetz.
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Kapazität: SuedLink wird eine Übertragungskapazität von insgesamt 4 Gigawatt (GW) haben. Dies entspricht der Leistung von etwa vier großen Kernkraftwerken oder mehreren Tausend Windenergieanlagen. Die 4 GW verteilen sich auf zwei Erdkabel-Systeme, die jeweils 2 GW übertragen.
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Status und Inbetriebnahme: Teile der Strecke befinden sich bereits im Bau. Die vollständige Inbetriebnahme von SuedLink wird für Ende 2028 erwartet.
2. SuedOstLink
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Zweck: Der SuedOstLink dient ebenfalls dem Transport von erneuerbarem Strom aus dem Norden und Nordosten Deutschlands (insbesondere Windstrom aus Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt) nach Südostbayern.
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Betreiber: Die Projektverantwortung liegt bei den Übertragungsnetzbetreibern TenneT TSO GmbH (im Süden) und 50Hertz Transmission GmbH (im Norden).
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Verlauf: Die Trasse beginnt am Netzverknüpfungspunkt Wolmirstedt bei Magdeburg (Sachsen-Anhalt) und verläuft über Thüringen bis zum Netzverknüpfungspunkt Isar bei Landshut (Bayern).
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Länge: SuedOstLink ist rund 540 Kilometer lang.
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Technologie:
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Auch SuedOstLink ist eine Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitung (HGÜ), ebenfalls mit dem Erdkabel-Vorrang.
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Die Übertragung erfolgt ebenfalls mit einer Spannung von Kilovolt (kV).
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Konverterstationen werden in Wolmirstedt und am Umspannwerk Isar gebaut.
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Kapazität: SuedOstLink wird eine Übertragungskapazität von insgesamt 4 Gigawatt (GW) haben, ebenfalls aufgeteilt auf zwei 2 GW-Systeme.
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Status und Inbetriebnahme: Die letzten Planfeststellungsbeschlüsse wurden kürzlich (Juli 2025) erteilt. Die Inbetriebnahme ist für 2027 geplant.
Gemeinsamkeiten und Unterschiede:
Gemeinsamkeiten:
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Beide sind Schlüsselprojekte für die Energiewende und den Nord-Süd-Stromtransport.
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Beide nutzen die Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ)-Technologie, die für lange Strecken und hohe Leistungen optimiert ist.
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Für beide gilt der Erdkabel-Vorrang, d.h., sie werden überwiegend unterirdisch verlegt, um die Akzeptanz zu erhöhen und Landschaftseingriffe zu minimieren.
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Beide haben eine Transportkapazität von 4 GW (jeweils zwei 2 GW-Systeme).
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Beide dienen dazu, Netzengpässe zu reduzieren und die Versorgungssicherheit in Süddeutschland zu gewährleisten, da dort nach dem Atomausstieg große Erzeugungskapazitäten wegfallen.
Unterschiede:
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Verlauf/Zielregionen:
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SuedLink: Westliche Route, primär von Schleswig-Holstein nach Baden-Württemberg und Nordbayern.
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SuedOstLink: Östliche Route, primär von Sachsen-Anhalt nach Südostbayern.
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Betreiberkonsortien:
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SuedLink: TenneT und TransnetBW
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SuedOstLink: TenneT und 50Hertz
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Länge: SuedLink ist mit ca. 700 km länger als SuedOstLink mit ca. 540 km.
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Inbetriebnahme: SuedOstLink soll voraussichtlich etwas früher in Betrieb gehen (2027) als SuedLink (Ende 2028).
Die wichtigsten Gründe, warum neue Trassen notwendig sind:
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Verlagerung der Erzeugungsstandorte:
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Historisch: Das traditionelle Stromnetz in Deutschland war primär darauf ausgelegt, Strom von großen, zentralen Kraftwerken (Kohle, Kernkraft, Gas) zu den Verbrauchern zu transportieren. Viele dieser Großkraftwerke befanden sich in der Nähe von Ballungsräumen oder Rohstoffvorkommen (z.B. Kohlekraftwerke im Ruhrgebiet, Kernkraftwerke in Süddeutschland).
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Energiewende: Mit der Energiewende verschiebt sich die Stromerzeugung immer stärker zu erneuerbaren Energien.
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Windkraft: Die größten Windkraftpotenziale an Land und insbesondere auf See (Offshore) liegen im Norden Deutschlands (Nord- und Ostsee, Küstenregionen).
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Photovoltaik: Auch wenn Photovoltaik (Solarstrom) dezentraler ist und auch im Süden stark ausgebaut wird, reichen die Potenziale dort nicht aus, um den gesamten Bedarf zu decken, insbesondere nicht in den industriell starken Bundesländern wie Bayern und Baden-Württemberg.
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Ungleichgewicht: Dies führt zu einem massiven Nord-Süd-Gefälle bei der Stromerzeugung: Viel Windstrom im Norden, hoher Strombedarf im Süden (Industrie, Bevölkerung) – aber dazwischen fehlt es an ausreichenden Transportkapazitäten.
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Veränderte Stromflüsse:
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Das bestehende Höchstspannungsnetz ist zwar groß, aber die Stromflüsse ändern sich dramatisch. Strom, der früher von Süd nach Nord oder innerhalb von Regionen floss, muss jetzt verstärkt von Nord nach Süd transportiert werden. Das bestehende Netz ist für diese neuen, hohen Durchleitungen nicht ausgelegt. Es entstehen "Flaschenhälse" oder "Engpässe".
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Stellen Sie sich das wie ein Straßennetz vor: Früher gab es viele Zubringerstraßen zu zentralen Städten. Jetzt müssen plötzlich alle Autos von einer bestimmten Region in eine andere, weit entfernte Region fahren. Dafür braucht man neue "Autobahnen", die für diesen speziellen Durchgangsverkehr optimiert sind.
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Technische Grenzen des bestehenden Netzes:
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Das bestehende Netz ist ein Wechselstromnetz (AC). Bei sehr langen Transportwegen und hohen Leistungen, wie sie für den Nord-Süd-Transport erforderlich sind, treten bei Wechselstrom erhebliche Verluste auf.
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Die neuen Großprojekte wie SuedLink und SuedOstLink sind Gleichstrom-Höchstspannungsleitungen (HGÜ - Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung). HGÜ-Leitungen sind zwar aufwendiger zu bauen (Konverterstationen an den Endpunkten, die Gleichstrom in Wechselstrom und umgekehrt umwandeln), aber sie sind bei langen Strecken deutlich verlustärmer und können größere Strommengen effizienter transportieren. Das ist vergleichbar mit dem Unterschied zwischen einer Landstraße und einer modernen Autobahn.
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Netzstabilität und Engpassmanagement (Redispatch):
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Wenn das Netz überlastet ist, kann nicht mehr der gesamte erzeugte Strom transportiert werden. Das führt zu sogenannten "Redispatch-Maßnahmen": Windkraftanlagen im Norden müssen abgeschaltet werden, obwohl Wind weht, und gleichzeitig müssen im Süden teure Gaskraftwerke hochgefahren werden, um die Versorgung sicherzustellen. Dies ist extrem ineffizient, teuer (die Kosten tragen alle Stromkunden) und kontraproduktiv für die Energiewende.
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Die neuen Trassen sollen diese Engpässe auflösen und die Netzstabilität gewährleisten, indem sie den Strom genau dorthin bringen, wo er benötigt wird.
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Zunehmende Dezentralisierung und Schwankungen:
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Auch wenn es viele dezentrale Anlagen (Photovoltaik auf Dächern, Biogasanlagen) gibt, reichen diese für die gesicherte Grundlast und die Deckung von Spitzenlasten in den Verbrauchszentren nicht aus.
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Erneuerbare Energien wie Wind und Sonne schwanken stark. Um diese Schwankungen auszugleichen und das Netz stabil zu halten, ist ein flexibles und leistungsfähiges Übertragungsnetz entscheidend, das den Strom dorthin transportieren kann, wo er gerade verfügbar ist oder benötigt wird.
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Kurz gesagt: Das vorhandene Netz reicht für die neuen Anforderungen der Energiewende nicht aus. Es wurde für eine andere Energielandschaft gebaut. Die neuen Trassen sind notwendig, um den grünen Strom aus den windreichen Regionen in die verbrauchsstarken Industrieregionen zu transportieren, die Netzstabilität zu gewährleisten und so die Energiewende überhaupt erst erfolgreich und wirtschaftlich umsetzbar zu machen.