Die ambitionierten Klimaschutzziele der Bundesregierung

Wo sollen die CO2-Emissionen konkret sinken?

Bis 2030 sollen insgesamt 65 Prozent aller Treibhausgas-Emissionen eingespart werden (als Bezugsgröße dienen die Emissionen im Jahr 1990), das Klimaschutzziel für 2040 ist dann eine Reduktion bis auf 88 Prozent. Zum Erreichen dieser Ziele legt das Gesetz konkrete Maßnahmen vor und unterscheidet dafür zwischen sechs Wirtschaftssektoren: Energie, Industrie, Gebäude, Abfall, Verkehr und Landwirtschaft – und für jeden dieser Sektoren werden jährliche Emissionsobergrenzen für die Jahre 2020 bis 2030 definiert. Die größten Emissionsreduktionen werden dabei der Energiewirtschaft und der Industrie abverlangt.

Der Energiesektor soll nach den Vorgaben des Klimaschutzgesetzes bis 2030 gut ein Drittel mehr CO2-Emissionen einsparen als ursprünglich geplant und statt 175 Tonnen CO2-Äquivalente (so nennt sich die Einheit, in der die schädlichen Klimagase – auch im Zertifikatehandel – gerechnet werden) nur noch 108 Millionen Tonnen emittieren. Für die Industrie sinkt dieser Zielwert von bislang 140 auf 118 Millionen Tonnen. Im Verkehrssektor wird 2030 nur noch ein Ausstoß von 85 Millionen Tonnen Treibhausgasen erlaubt sein anstatt der zuvor eingeräumten 95 Millionen Tonnen.

Moderater sind die gesetzlichen Anpassungen in Bezug auf die Landwirtschaft und den Gebäudesektor ausgefallen: Für die Gesamtheit der Wohn- und Geschäftsgebäude wurde die zulässige Emissionsmenge im Jahr 2030 von 70 auf 67 Millionen Tonnen herabgesetzt, für die Landwirtschaft von 58 auf 56 Millionen Tonnen. Lediglich in Hinblick auf den Abfallsektor, in dem ohnehin die niedrigsten Ausstoßmengen vorgesehen sind, bleibt es für 2030 bei dem Zielwert von fünf Millionen Tonnen.

Deutsche Klimaschutzziele 2020 nur dank Corona erreicht

Das von der Bundesregierung für 2020 ausgegebene Klimaziel – vierzig Prozent weniger CO2-Emissionen im Vergleich zu 1990 – hat Deutschland erreicht. Das Bundesumweltamt legte mit seinem Bericht im März 2021 vor, dass der Regierung mit einer Emissionsreduktion auf 40,8 Prozent der Treibhausgase, die Deutschland dreißig Jahre zuvor in die Atmosphäre entlassen habe, 2020 quasi eine Punktlandung gelungen sei. Wie war das möglich? Gerade im Jahr 2020 sanken die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 2019 noch einmal um 8,7 Prozent – ein großer Sprung. Allerdings hatten die Auswirkungen der Corona-Pandemie einen großen Anteil daran. Ein Drittel der Reduktion, das räumt auch das Bundesumweltamt ein, sei darauf zurückzuführen, das der partielle Einbruch der Wirtschaft zu Produktionsausfällen geführt habe, die Mobilität sei stark gesunken, der Energieverbrauch ebenfalls. Aktuelle Studien haben der Corona-Pandemie sogar zwei Drittel der deutschlandweiten Einsparungen an CO2-Emissionen zugeschrieben. Experten warnen nun, dass die Emissionen steigen werden, sobald die Wirtschaft wieder anzieht. Und es sollen in den kommenden zehn Jahren ja noch ehrgeizigere Ziele erreicht werden.

Andere europäische Länder ziehen am Vorreiter Deutschland vorbei

Im aktuellen Ranking des Umweltschutz-Verbandes Climate Action Network Europe, Dachverband von über 1500 umweltpolitischen Nichtregierungsorganisationen, landete Deutschland Ende 2020 nur noch auf Platz 18. Seine Vorreiterrolle in Sachen Klimaschutz hat Deutschland tatsächlich inzwischen längst verloren. Andere Länder haben ihr Engagement deutlich ausgebaut. So kommen die ambitioniertesten Klimaschützer in Europa laut der Rangliste des Umweltdachverbandes aus Schweden – und auch Portugal, Malta und Kroatien rangieren noch weit vor Deutschland. Als Hauptursache hat man bei dem Verband ausgemacht, dass Deutschland zwar aus der Kohle aussteigt, aber bis dahin noch zu viel Zeit vergehen wird. Wenn die Stilllegung von Kohlekraftwerken nötig wird, um die Klimaschutzziele einzuhalten, wird es jedoch im Energiesektor zu enormen Veränderungen kommen. Weil der benötigte Strom auf anderen Wegen produziert werden muss und weil die Regionen, in denen bisher noch Kohle abgebaut wird, stark von dem Wandel betroffen sein werden und wirtschaftlich gefördert werden müssen.

Können die deutschen Klimaziele noch erreicht werden?

Nun soll es ein Sofortprogramm der Regierung mit einem Volumen von acht Milliarden Euro richten. Laut Haushaltsplanung des Bundesfinanzministeriums sind, vorwiegend für 2022, für die Aufstockung der Förderung von energetischen Gebäudesanierungen 5,5 Milliarden Euro vorgesehen, zudem über eine Milliarde Euro für den Verkehrssektor und 860 Millionen Euro für Klimaschutz in der Industrie. Dazu kommen weitere Mittel aus dem Energie- und Klimafonds, die für die Stärkung CO2-neutraler Mobilität eingesetzt werden sollen, unter anderem für neue Radwege, die Digitalisierung der Schienenwege und neue Schnellladestationen. Außerdem soll es einen stärkeren Ausbau von Bus- und Bahnverbindungen sowie eine Reform der Kfz-Steuer geben. Diese könnte noch stärker am CO2-Ausstoß ausgerichtet werden. Investitionsförderprogramme für die chemische Industrie und für die Stahlindustrie zur Umstellung auf Wasserstoff sollen aufgelegt werden. Des Weiteren soll ein Pilotprogramm die Verwendung von „grünem Stahl“ etwa in der Automobilindustrie fördern.

Wichtige Punkte zum Erreichen der Klimaziele sind zudem ein höherer CO2-Preis pro ausgestoßener Tonne CO2, ein neuer Zeitplan zum Kohleausstieg und neue Ausbauziele für erneuerbare Energien. Das Energie- und Klimapaket der Bundesregierung von Juni 2021 sieht zudem vor, noch für das Jahr 2022 die Ausschreibungsmengen für neue Windkraftanlagen an Land um 1,1 Gigawatt auf vier Gigawatt und für Solaranlagen um 4,1 Gigawatt auf sechs Gigawatt anzuheben; auch vorhandene Anlagen leistungsmäßig aufzustocken, soll erleichtert werden. Weitere Regelungen betreffen den Ausbau von Solaranlagen sowie der Wasserstoffwirtschaft. Dass sich Deutschland diese Klimaziele gesetzt hat, bewerten Wissenschaftler positiv, verweisen aber darauf, dass nach aktuellen Berechnungen die angekündigten Maßnahmen nicht ausreichen werden. Mit den bisherigen Beschlüssen kann das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommen nicht eingehalten werden, nicht einmal das Minimalziel von deutlich unter zwei Grad sei so erreichbar.

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