China baut Kohle und Erneuerbare gleichzeitig aus

Dieser scheinbare Widerspruch lässt sich durch mehrere Faktoren erklären:

1. Sicherung der Energieversorgung (Energiesicherheit)

  • Wachsender Energiebedarf: Chinas Wirtschaft und Bevölkerung wachsen weiterhin rasant, was zu einem ständig steigenden Energiebedarf führt. Die Regierung sieht die Kohle als zuverlässige und stabile Energiequelle, um diese wachsende Nachfrage zu decken.

  • Netzstabilität: Solar- und Windenergie sind wetterabhängig und schwanken in ihrer Produktion. Das chinesische Stromnetz ist noch nicht ausreichend ausgebaut, um diese Schwankungen vollständig auszugleichen. Kohlekraftwerke dienen in diesem System als Grundlast- und Spitzenlastkraftwerke, die einspringen, wenn erneuerbare Energien nicht ausreichend Strom liefern. Die neu gebauten Kohlekraftwerke sollen oft flexibler sein, um besser mit der fluktuierenden Einspeisung von Wind- und Solarstrom zusammenarbeiten zu können.

2. Wirtschaftliche und politische Faktoren

  • Investitionen und Arbeitsplätze: Kohle ist tief in der chinesischen Wirtschaft verwurzelt. Viele Provinzen und Regionen sind wirtschaftlich von der Kohleindustrie abhängig. Das Genehmigen neuer Kohlekraftwerke kann als eine Maßnahme gesehen werden, um lokale wirtschaftliche Interessen zu bedienen und Arbeitsplätze zu sichern.

  • Finanzielle Interessen: Die Betreiber der Kohlekraftwerke sind oft große, staatlich kontrollierte Unternehmen, die ein Interesse daran haben, ihre Investitionen zu sichern und ihre Marktposition zu erhalten.

 

3. Ambitionierte Ziele bei den Erneuerbaren Energien

 

Gleichzeitig ist China der unangefochtene Weltmarktführer beim Ausbau erneuerbarer Energien.

  • Rekordinstallationen: China hat in den letzten Jahren Rekordmengen an Solar- und Windkraftanlagen installiert. Es hat sein Ziel für 2030, 1.200 Gigawatt (GW) an Wind- und Solarkapazität zu erreichen, bereits Jahre früher als geplant übertroffen.

  • Dominanz in der Produktion: China dominiert die globale Produktion von Solarmodulen, Windturbinen und Batterien. Diese Industrie ist ein wichtiger Wirtschaftszweig, der weiter gefördert wird.

  • Verschiebung des Energiemixes: Obwohl Kohle weiterhin eine große Rolle spielt, nimmt der Anteil erneuerbarer Energien am chinesischen Energiemix stetig zu. China verfolgt das Ziel, den Anteil nicht-fossiler Energieträger bis 2030 auf über 25 % zu steigern.

Fazit: Eine komplexe Übergangsstrategie

Die gleichzeitige Erweiterung von Kohle- und erneuerbaren Kapazitäten ist keine kohärente Strategie im Sinne einer reinen Energiewende, sondern eine Übergangsphase.

  • Derzeitige Realität: Die derzeitige Politik Chinas scheint zu sein, die Versorgungssicherheit durch den Bau neuer Kohlekraftwerke zu gewährleisten, während gleichzeitig ein massiver und beschleunigter Übergang zu sauberer Energie vorangetrieben wird.

  • Langfristige Herausforderung: Das Problem dabei ist, dass die neu gebauten Kohlekraftwerke eine lange Lebensdauer haben (oft 40 Jahre oder mehr). Dies könnte die langfristigen Klimaziele Chinas, den CO2-Ausstoß vor 2030 zu senken und bis 2060 klimaneutral zu werden, gefährden.

  • Hoffnung auf Wandel: Experten sehen in der massiven Installation von Erneuerbaren die eigentliche treibende Kraft der chinesischen Energiewende. Sie hoffen, dass die neuen Kohlekraftwerke zunehmend zu reinen Reserve- und Backup-Kraftwerken werden und dass ihr Bau in den kommenden Jahren abnimmt, sobald das Stromnetz stabiler und die Speichertechnologien ausgereifter sind.

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