Ambivalenz Kompensation Klimaschutz
1. Das Problem der Kompensation vs. Reduktion
Das Hauptproblem vieler "klimaneutral"-Labels ist die Methode dahinter:
-
Der Konsument erwartet: Ein Produkt, das so hergestellt wurde, dass es wenig bis keine Emissionen verursacht ("echte" Klimaneutralität).
-
Die Realität vieler Labels: Ein Unternehmen berechnet die Emissionen seines Produkts (z.B. 1 kg CO2), kauft dann ein Zertifikat (z.B. aus einem Waldschutzprojekt in Südamerika) und kompensiert damit die Emissionen. Die Produktion selbst bleibt CO2-intensiv.
-
Die Folge: Das Label "klimaneutral" wird als "Greenwashing" oder als Irreführung empfunden, da die eigentliche Umweltbilanz des Produkts nicht verbessert wurde. Studien zeigen, dass Konsumenten den Begriff "klimaneutral" verwirrend finden und eine Reduktion, nicht nur eine Kompensation, fordern.
2. Die Kostenwahrnehmung beim Konsumenten
Ihre Beobachtung, dass der Handel mit Zertifikaten beim Konsumenten negativ ankommt, weil er es teurer macht, ist korrekt.
-
Zertifikatskosten als Preistreiber: Die Kosten für Kompensationszertifikate werden von den Unternehmen auf den Produktpreis aufgeschlagen. Der Konsument zahlt die Mehrkosten, aber der gefühlte Mehrwert für die Umwelt ist gering, wenn das Unternehmen nicht gleichzeitig seine Produktion umstellt.
-
Kein Wunsch, hohe Kosten zu kompensieren: Der Konsument ist im Allgemeinen bereit, einen geringen Aufpreis für nachhaltigere Produkte zu zahlen (der sogenannte "Green Premium"). Wenn dieser Aufpreis jedoch als hoch und die dahinterstehende Klimaneutralität als unglaubwürdig empfunden wird (weil nur kompensiert wird), sinkt die Kaufbereitschaft drastisch.
-
Transparenzmangel: Da die Preisgestaltung intransparent ist, entsteht der Eindruck, dass der Konsument für ein reines Marketing-Label zur Kasse gebeten wird, ohne dass echte Klimaleistung erbracht wird.
3. Fehlende Standards und Greenwashing-Vorwürfe
Die Verwirrung wird zusätzlich verstärkt, da es bislang keinen gesetzlich geschützten Standard für "klimaneutral" gibt (im Gegensatz zum staatlich kontrollierten Bio-Siegel).
-
Glaubwürdigkeitsverlust: Die fehlende Einheitlichkeit und die damit verbundenen Skandale und Gerichtsurteile wegen irreführender Werbung führen zu einem allgemeinen Vertrauensverlust in diese Art von Labels.
-
Politische Reaktion: Die EU arbeitet deshalb an der Green Claims Directive, einer Richtlinie, die genau diese ungesicherten und irreführenden Umweltaussagen (Green Claims) strenger regulieren soll.
Die Marktwirkung eines Labels wie "klimaneutral" ist nur dann positiv, wenn die dahinterstehenden Kosten für den Konsumenten gerechtfertigt und die Maßnahmen als glaubwürdig empfunden werden. Der reine Zukauf von Kompensationszertifikaten ist für viele Konsumenten keine ausreichende Rechtfertigung für einen höheren Preis.
Daher verlagert sich der Trend weg von der reinen Kompensation hin zu:
-
Glaubwürdiger, messbarer Reduktion eigener Emissionen.
-
Transparenter Kommunikation über die verbleibenden Restemissionen und deren Kompensation.
Zertifikate